Die Organisation Sambhali Trust wurde 2007 von Govind Singh Rathore gegründet. Damals war er 23 Jahre alt.
Aus persönlichen, schmerzlichen Erfahrungen in seiner Herkunftsfamilie machte er es zu seiner Lebensaufgabe, Frauen aus den untersten Kasten vor der Gewalt ihrer Ehemänner zu schützen. Häusliche Gewalt ist hier leider ein unsägliches und unendliches Kapitel und die Verminderung dieser Gewalt ist ebenso uferlos wie notwendig. Heute, nach 17 Jahren unermüdlicher Aufbauarbeit des Gründers und eines ganzen Teams, gibt es 11 Empower-ment Zentren in Jodhpur sowie kleineren Dörfern auf dem Land.
In den Zentren erhalten die Frauen eine Grundausbildung im Nähen von Kleidern und Sticken, ein paar Basiskenntnisse in Englisch und Mathematik sowie dem Schreiben in Hindi. Die Kleider werden in der Sambhali-eigenen Boutique verkauft und verschaffen den Frauen etwas finanzielle Unabhängigkeit.
Ausserdem finden in den Zentren Workshops und Vorträge über wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen sowie Spiele und Selbstverteidigungskurse statt. Ich habe in meiner Freiwilligenarbeit u.a. ein Training zum Thema Vertrauen und Grenzen setzen durchgeführt. Allein ein kleines und klares «Stopp» gegenüber einer unerwünschten Handlung gibt den Frauen eine innere Stärke, die sie hoffentlich von der Laborsituation im Zentrum auch in ihren Alltag übertragen können.
Parallel dazu bietet die Organisation durch ausgebildete Fachleute psychologische und rechtliche Beratung an.
Es ist eindrücklich, wie die Frauen den sicheren Raum und die Gemeinschaft mit anderen Frauen in diesen Zentren schätzen und hier offensichtlich Kraft und Lebensfreude tanken.
Wunder im sozialen Gefüge sind nicht zu erwarten: Nach wie vor sind es die Frauen, die in der Familie ihrer Schwiegereltern putzen, kochen, waschen, zu allem schauen und keineswegs immer gut behandelt werden. Anfänglich bin ich denn auch skeptisch, ob sich im Alltag der Frauen tatsächlich etwas ändert.
Gerne lasse ich mich eines Besseren belehren: Einige berichten, dass sie früher kaum sprachen, sich nun aber zuhause deutlicher äussern können und dass dies durchaus auch Wirkung zeige.
Die Kultur lässt sich höchstens unerträglich langsam ändern. Immerhin versprechen der kleine Freiheitsraum, der den Frauen in den Zentren eröffnet wird, der sichere Ort, an dem sie sich wohl fühlen, das Zusammensein mit den anderen, die Lernangebote und die kleinen Verdienstmöglichkeiten ein erträglicheres Leben für sie selbst und eine selbstbestimmtere Zukunft für ihre Töchter.
Neben den Empowerment Zentren hat Sambhali weitere Angebote, auch für Kinder, Jugendliche in den Schulen sowie für die LGBT+-Community. Darüber und zur Ent-stehungsgeschichte gibt die Homepage ausführliche Auskunft: https://www.sambhali.org.
In meinen 5 Wochen Freiwilligenarbeit lege ich einen Schwerpunkt auf die Stärkung des Personals, das sich tagtäglich für die Ratsuchenden einsetzt und ihre Probleme auffängt. Die Workshops zu Konfliktlösung und Zusammenarbeit sowie die Kollegiale Fallbearbeitung unterscheiden sich kaum davon, wie ich sie in der Schweiz durchführe. Wie überall möchten die Menschen auch hier respektiert, gehört und anständig behandelt werden. Sie freuen sich, neue Kommunikationstechniken kennenzulernen und berichten dankbar von den Erfolgen, die sie damit in kurzer Zeit erzielen konnten. Das freut mich sehr, und hoffentlich kann ich auf diese Weise ein wenig dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden ihre wertvolle und wichtige Arbeit weiterhin mit Freude und Engagement ausführen.
Und zum Schluss:
Mit diesem Beitrag verabschiede ich mich von Indien und von dieser Plattform. Demnächst steht meine Heimreise an. Ich habe mich sehr über Eure Nachrichten und Rückmeldungen auf meine Blogs gefreut. Nach einem wunderbaren halben Jahr freue ich mich nun auch wieder, in die Schweiz zurückzukommen und Euch hoffentlich bald live zu sehen :-)
Liebe Elisa, was für ein dichtes halbes Jahr und wie viel tief beeindruckende Erfahrungen und Erlebnisse. Auch ich bin sehr dankbar, dass du uns über deinen spannenden Blog so nahe an deinem "Alltag" hast teilhaben lassen und hier sehr offen aber immer respektvoll auch die schwierigen Seiten aufgezeigt hast.
Beim letzten Blog über deinen Einsatz beim Sambhali Trust beschäftigt mich noch die Frage, wie wohl die Männer und die Schwiegermütter mit dieser kleinen, neuen Selbständigkeit und dem zunehmenden Selbstbewusstsein ihrer Frauen / Schwiegertöchter umgehen? Oft reagieren Menschen auf Veränderungen in einer bestehenden und für sie vorteilhaften Struktur sehr stark und leider oft auch aggressiv. Mit herzlichen Grüssen und guten Wünschen für einen frohen Abschluss dieses reichbefrachteten Sabbaticals und eine gute…
Ein letztes Kapitel in  einem spannenden halben Jahr voller Begegnungen neigt sich dem Ende entgegen. Danke, dass du uns über deinen Blog daran hast teilhaben lassen! Ich freu mich auch auf ein persönliches Wiedersehen und all die weiteren Anekdoten, die das Halbjahr für dich geprägt haben. Ich wünsche dir einen guten Abschluss und eine sichere Heimreise 🙏